Wann läutet es eigentlich - und warum?

Die Läuteordnungen von Langstadt und Schlierbach

Teil 1 der Läuteordnungen von Langstadt und Schlierbach

Teil 2 der Läuteordnungen von Langstadt und Schlierbach

Das Läuten an Sonn- und Feiertagen zu den Gottesdiensten haben wir ja schon in der letzten Ausgabe behandelt. Bleibt anzumerken, dass das Vorläuten vor den Gottesdiensten und Läuten zum Vater-Unser-Gebet analog auch bei Sonder-gottesdiensten durchgeführt wird, wie Trauungen und Beerdigungen.

Bei Beerdigungen kommt jedoch noch ein weiteres Läuten dazu: morgens um 7 Uhr, mit allen Glocken. Dieses morgendliche Läuten erinnert die Menschen schon bei Beginn des Tagwerkes daran, dass jemand aus ihrer Mitte verstorben ist und an diesem Tage die Bestattung stattfindet. Früher haben sich dann die Menschen - die ja fast alle in der Landwirtschaft tätig waren - ihre Arbeit so eingeteilt, dass sie am frühen Nachmittag zur "Leicht" (=Beerdigung) gehen konnten; aus jedem Haus zumindest eine Person.

Das Tageszeitenläuten

In Langstadt findet an allen Werktagen ein Mittagsläuten mit der großen Glocke um elf Uhr statt. Es war ein Signal für die bevorstehende Essenszeit, hörbar eben auch für die Bauern draußen auf dem Feld. Für viele Menschen war es aber auch Anlass einen Moment die Arbeit niederzulegen und ein Gebet zu sprechen.

Das Abendläuten gibt es wieder in Schlierbach und Langstadt. Es findet üblicherweise montags bis freitags mit einer Glocke statt: In Schlierbach mit der kleinen, in Langstadt mit der großen Glocke. Vor evangelischen Feiertagen, vor Sonntagen und an Sonntagen fällt das Abendläuten üppiger aus: Es erklingt mit allen Glocken (Schlierbach zwei, Langstadt drei). Verschieden auch die Zeiten: In Schlierbach November bis Februar 18 Uhr, März bis April und September/Oktober um 19 Uhr und Mai bis August 20 Uhr.

In Langstadt (jetzt wird's kompliziert): 1. Mai -
15. August um 20 Uhr, 16. August - 15. September um 19 Uhr, 16. September - 16. Oktober um 18 Uhr, 17. Oktober - 29. Februar um 17 Uhr,
1. März - Ostern 18 Uhr und Ostern bis
30. April 19 Uhr.

In Langstadt gibt es dann noch eine Spezialität: das Nachtläuten, auch Nebelläuten genannt, das von 29. September bis Ostern um 20 Uhr stattfindet (allerdings nur montags bis freitags und nicht vor Feiertagen).

Dieses nächtliche Läuten gilt als soziale Einrichtung, denn es heißt, es sollte Wanderern und Verirrten in Dunkelheit und ggf. Nebel eine Orientierung geben, wo ein Dorf zu finden ist. Schließlich gab es früher keine Straßenlaternen und gut ausgebaute Straßen, die als Hilfe dienen konnten. Das Dorf lag dunkel zwischen den Gärten mit hohen Obstbäumen und die Straßen unterschieden sich wenig von sonstigen Feldwegen.

Ein weiteres nächtliches Geläut ohne Zusammenhang mit einem Gottesdienst findet sowohl in Schlierbach als auch in Langstadt mit allen Glocken statt - aber nur einmal im Jahr: am 1. Januar um 0.00 Uhr für eine Viertelstunde.

Zum guten Schluss noch ein Blick auf besondere Details WIE geläutet wird. Wenn alle Glocken läuten, dann setzen die Glocken in der Regel gleich hintereinander ein (beginnend mit der kleinen Glocke).
In Langstadt wird samstags und an Tagen vor Feiertagen das Abendläuten in besonderer Form durchgeführt: Beginn mit der kleinen Glocke, diese hört noch mal auf und die mittlere Glocke läutet ebenfalls kurz alleine, dann erst läuten alle Glocken zusammen. An Heiligabend, Karsamstag und Pfingstsamstag wird dieser Wechsel kleine Glocke,
mittlere Glocke dreimal wiederholt, bevor alle drei Glocken zusammen erklingen.

Genauso ist dann auch das Frühgeläut am ersten Festtag um 7 Uhr. Am zweiten Festtag um 7 Uhr wird nur zweimal mit kleiner und mittlerer Glocke vorgeläutet.

Das scheint komplizierter als es ist. Zum Frühläuten an Festtagen noch ein Hinweis, den Pfarrer Reiner Haberstock geben konnte: Dieses Läuten war früher bereits um 4 Uhr! Dies wurde 1981 geändert -
7 Uhr ist ja auch früh genug…

In Schlierbach gab es auch so eine "Spezialität": Dort wurden Ostern, Pfingsten und Weihnachten ebenfalls durch ein besonderes Abendläuten angekündigt: Die kleine Glocke läutete zehn Minuten, doch die große Glocke unterbrach zweimal während dieser Zeit ihr Läuten, so dass zwischendurch nur die kleine Glocke zu hören war. Das steht zwar noch so in der Läuteordnung, wird aber nicht mehr praktiziert. D.h. die beiden Glocken läuten einfach durch wie an jedem Samstag oder Sonntag. Das besondere Läuten vor Feiertagen kann jedoch deren besondere Bedeutung unterstreichen.

 

Teil 1 der Läuteordnungen von Langstadt und Schlierbach

Wo es eine Kirche gibt, gibt es auch eine Läuteordnung. Oder zumindest eine Läute-Tradition. Und diese Läuteordnungen (oder -traditionen) können sich von Ort zu Ort, von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden: In Art und Umfang, in Zeiten und Bedeutungen. Ein erster Grund liegt schon in der Unterschiedlichkeit der Konfessionen. Aber auch sonst haben sich verschiedene Traditionen herausgebildet.

Die Langstädter Läuteordnung stammt aus dem 19. Jahrhundert, aber es ist davon auszugehen, dass eine längere Tradition zu dieser Läuteordnung geführt hat. Als Langstadt mit der "neuen" Kirche ab 1880 drei Glocken zur Verfügung standen (statt vorher zwei), musste dies natürlich in die Läuteordnung eingearbeitet werden. Die Läuteordnung wurde 1981 neu festgeschrieben. In Schlierbach gibt es eine eigene Läuteordnung, die jedoch kein Datum trägt. Es ist davon auszugehen, dass sie nach Erbauung der Kirche 1932 entstand. Allerdings wird diese Läuteordnung nicht mehr so ausgeführt, wie sie niedergeschrieben ist. In der Praxis wurde das Läuten in den vergangenen Jahren etwas vereinfacht.

Das Gottesdienstläuten:
In Langstadt: Eine Stunde vor Beginn läutet die große Glocke alleine, eine halbe Stunde vor Beginn die mittlere Glocke alleine. Eine viertel Stunde vor Beginn läutet die kleine Glocke (es "klängt", wie die Langstädter dazu sagen). Etwa zehn Minuten vor Gottesdienstbeginn läuten alle drei Glocken: "Es leit zomme" heißt es dann. Es läuten die Glocken zusammen und sie rufen die Gemeinde zusammen. Spätestens jetzt muss man auf dem Weg zur Kirche sein.

In Schlierbach: Die kleine Glocke läutet eine Stunde und eine halbe Stunde vor Gottesdienstbeginn. Zehn Minuten vor Beginn bis Beginn läuten alle beiden Glocken.

Während des Gottesdienstes:
Zum Vater-Unser-Gebet, das ja eine zentrale Bedeutung im christlichen Glauben hat, erklingt jeweils die kleine Glocke und die in Langstadt ja nun den passenden Namen "Glaube" hat.

In beiden Gemeinden wird während der Einsegnung der Konfirmanden mit allen Glocken (in Schlierbach 2, in Langstadt 3) geläutet, in Schlierbach sind die beiden Glocken auch am Karfreitag und Buß- und Bettag beim Kirchengebet sowie am Totensonntag bei der Verlesung der Verstorbenen des Kirchenjahres zu hören. In Langstadt ist es vorgesehen, zukünftig die mittlere Glocke mit dem Namen "Hoffnung" zur Taufhandlung erklingen zu lassen.

In Langstadt werden hohe Feiertage schon morgens um 7 Uhr eingeläutet, an Weihnachten, Ostern und Pfingsten erklingen dann alle drei Glocken. Gerade dieses Läuten wird heute vereinzelt als störend empfunden, da vielfach langes Ausschlafen angesagt ist.

Aber in der Regel hat man heute schalldämmende Doppelglasfenster, die ja bei kühler Witterung geschlossen sind.

Teil 2 der Läuteordnungen von Langstadt und Schlierbach